Zukunft, die Kreise zieht
Schlägt man „konsequent“ im Wörterbuch nach, erhält man Verweise auf „logisch zwingend“ und „unbeirrbar einer Linie folgend“. Und beides trifft gleichermaßen zu, wenn es um konsequente Kreislaufwirtschaft geht: das Designprinzip „Cradle-to-Cradle“, auch C2C genannt, findet mittlerweile in vielen Branchen Anwendung. In diesem Artikel geht es beispielhaft um eine neue, innovative Art zu bauen – und zwar im Kreis.
Wie Recycling, nur quasi ein bisschen schwungvoller: Cradle-to-Cradle-Produkte sind solche, die entweder als biologische Nährstoffe in biologische Kreisläufe zurückgeführt oder als technische „Nährstoffe“ kontinuierlich in technischen Kreisläufen gehalten werden können. Kurz gesagt: von der Wiege durch den gesamten Produkt- oder Objektkreislauf zurück in eine Wiege, aus der etwas Neues entsteht – idealerweise aus nicht viel mehr als einem Komposthaufen.
Das Gegenteil „Von der Wiege bis zur Bahre“ mutet im Deutschen etwas fatalistisch an, meint aber schlicht den Weg, den immer noch die meisten unserer Produkte gehen. Sie werden erschaffen und maximal repariert – wenn überhaupt. Viele davon sind allerdings bereits als Wegwerfartikel konzipiert, um dem klassischen Kapitalismus in möglichst großem Umfang nachkommen zu können. Generelle Reparierbarkeit ist also schon ganz schön grün. Aber wie wäre es, wenn wir nach dem noch strengeren Prinzip „zero waste“ handeln würden?
Im Heute ganz sicher noch eine Utopie, doch gibt es schon seit rund 30 Jahren und auf der ganzen Welt solche Denkansätze und entsprechende Modelle und Prototypen. Stellen Sie sich ganz allgemein folgendes Szenario vor: Eine bestimmte Instanz kommt einem bestimmten Bedarf nach und sorgt dafür, dass nach Zweckerfüllung alles wieder dahin verschwindet, woher es gekommen ist.
Spannend dabei ist der feine Unterschied zwischen Ökobilanz und Ökoeffektivität: Während Ersteres automatisch ein Ende vorsieht, zu dem quasi hinbilanziert wird, zielt Letzteres darauf ab, den Kreislauf so lange wie möglich am Leben zu halten, auf dass sich nach und nach ein positives Ergebnis herausbilden kann.
Wenn Sie jetzt an die Entsorgung eines Eierkartons im Kompost im heimischen Garten denken müssen, liegen Sie gar nicht so falsch.
Je größer das Objekt, desto komplexer die Sache mit der Ganzheitlichkeit: Gebäude sind ein aktuelles Beispiel für besonders hehre Umweltziele. Wir präsentieren im Folgenden drei internationale Cases, die sich beim Neubauprozess darauf spezialisiert haben, ausschließlich Materialien zu verwenden, die sich nahtlos und wortwörtlich harmlos in den Kreislauf zurückführen lassen. Vereinfacht gesagt: Man baut ein Haus, und sobald es abgerissen wird, bleibt davon nichts als ein Haufen kompostierbares Material zurück. (Falls Sie jetzt an die Entsorgung eines Eierkartons im heimischen Garten denken müssen, liegen Sie gar nicht so falsch.)
C2C-Bauen macht Sinn: Mindestens 58 Prozent des Abfalls weltweit werden durch die Baubranche verursacht.
Schade, wenn man da schon an den Abriss denkt: „The Cradle“ in Düsseldorf wird ein modernes Bürogebäude aus Holz, das sich direkt am Medienhafen befindet. 97,7 Prozent des Baumaterials können nach eigenen Angaben in den Materialkreislauf zurückgeführt werden. Das reicht für eine C2C-Zertifizierung aus. Ganzheitlich wird das Projekt, indem auch beim Sourcing der Baustoffe auf Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit geachtet wird. Und der Baustart hat bereits begonnen!
Zum Weiterlesen hier entlang.
Keine Kompromisse: saubere Luft, gesunde Böden, sauberes Wasser.
Die niederländische Stadt Venlo liegt in der ersten Region weltweit, die sich dem C2C-Prinzip verschrieben hat. Langfristig soll dort ein veritables „C2C Valley“ entstehen. Bereits heute werden keine öffentlichen Gebäude mehr nach herkömmlichen Methoden konstruiert. Die höchste Form nachhaltigen Handelns trifft also auf eines der innovativsten Wirtschaftsprinzipien überhaupt – Biologie und Technik greifen an den Gebäuden ineinander und lassen keine Instanz aus: Wassernutzung, Energiegewinnung, Luftsäuberung, eine Art Kläranlage nur aus Pflanzen. Die Venloer Stadtverwaltung denkt konsequent zu Ende.
Interessant? Hier steht mehr zum Prinzip Venlo. Wenn Sie ein Deepdive in die C2C-Prozesse interessiert, ist diese Infografik zum Gebäude der Stadtverwaltung Venlo einen Blick wert.
Die Universidad EAN im kolumbianischen Bogotá verfolgt das Motto „Building Tomorrow’s Legacy Today“ nicht nur auf der wissenschaftlichen Ebene. Das neue Zentrum für Technologie und Entrepreneurship vereint das bestehende Institut für Nachhaltiges Unternehmertum und Technologie mit neuen Infrastrukturen, immer mit Blick auf den sozialen und ökologischen Impact auf das südamerikanische Land. Durchgeführt wurde das Projekt vom amerikanischen Architekten William McDonough, der höchstpersönlich Mitverfasser der C2C-Designphilosophie ist und dazu ein internationaler Pionier ökologischen Bauens im 21. Jahrhundert.