Ein König entdeckt den Stil

Oh Maximilianstraße! Der Umbau im Auftrag vom bayerischen König Maximilian II. zählt ohne Zweifel zu den weitsichtigsten und städtebaulich bedeutsamsten Architekturprojekten Münchens in der Mitte des 19. Jahrhunderts – und stieß doch bei Zeitgenossen auf erstaunlich wenig Gegenliebe. Stilfragen sind niemandes Hoheitsgebiet.

Als der Kulturhistoriker Jakob Burckhardt 1877 durch die junge Prachtallee flanierte, bemerkte er gereizt: „[…] jetzt wachsen glücklicherweise die Bäume bereits so heran, dass man die Gebäude nicht mehr überall sehen braucht.“ Der Architekt Gottfried von Neureuther empörte sich unverblümt: „[…] das ganze ästhetische Gefühl sträubt sich gegen diese unnatürlichen Verbindungen ganz verschiedener Bauweisen, doch was kümmert den neuen Styl die Ästhetik?“

Der neue „Styl“ war das ambitionierte Projekt, das den bayerischen König Zeit seines Lebens antrieb. Maximilian II. (1811-1864) wollte nichts weniger als den Meta-Stil kreieren, einen Baustil schaffen, der alle großen Stilrichtungen der Vergangenheit perfekt in einer Synthese vereinigte: „Muss man in der Baukunst, um etwas Treffliches zu schaffen, immer ausschließlich einem reinen Stile folgen, oder ist es einem schöpferischen Geist erlaubt, aus den verschiedenen das Beste wählend, etwas Originelles zu bilden?“

Der Residenzstadt mangelte es an Originalität und einer eigenen Architektursprache, Kopien lagen im Trend wie Gottfried Semper wusste: „Die Bestellung einer Walhalla à la Parthenon […], eines Boudoirs à la Pompeji, eines Palastes à la Pitti“. München war in den Augen vieler Architekten eine erbauliche Zitatensammlung. Ludwig, Maximilians Vater, war primär an Fassaden interessiert, für den Sohn hingegen zählte auch, was dahinter lag. Staatstragende Architektur entwickelte man „von innen nach außen“ – so lautete eine wichtige Maxime für den jungen König. Bauhaus Spoilerwarnung!

Nicht umsonst geriet die Statik von Vater Ludwigs Herrschaft in Schieflage. Er musste nach der Affäre mit der dreißig Jahre jüngeren Tänzerin Lola Montez den Thron aufgeben. So eröffnete sich für Maximilian von heute auf morgen die Chance, für München einen authentischen Stil zu entwickeln. In diesem Kontext entwickelte er die lichte Vision einer Maximilianstraße: die „Anlage eines großen, in seiner Funktion vom römischen Forum inspirierten Platzes, der Allee und Garten zugleich, ein Ort für öffentliche Bauten und Monumente, ein Korso, ein Sammelplatz der gebildeten Welt sein sollte.“ Nur – wer sollte ihn bauen?

Friedrich Bürklein (1813-1872) hatte sich mit dem Bau des Münchner Hauptbahnhofs für Höheres empfohlen: „Er zeichnet sich durch Eleganz und Zweckmässigkeit aus, und, […] es fand keine Kostenüberschreitung statt.“ Letzteres war sicherlich nicht irrelevant für einen König, der nach der Märzrevolution 1848 mit einem Parlament zusammen regieren – und bauen – musste. 1851 legte Bürklein das Memorandum zur Verschönerung Münchens vor, das die heutige Maximilianstraße vorzeichnete: eine Straßenverbindung vom Max -Joseph-Platz zur Isar und eine mit der Stadt unmittelbar verbundene Akropole.

Bürkleins Stil war neuer München-Stil war Maximilianstil – er entwickelte die Sprache der Gotik in der Manier der Neugotik weiter und integrierte Stilelemente aus der Renaissance – das Resultat war der Versuch einer neuen architektonischen Sprache, die für viele Zeitgenossen allerdings viel zu leise war. Sie entsprach nicht dem lauten Repräsentationsbedürfnis der Zeit. Auch die steinernen Löwen, die man nachträglich aufstellte, konnten daran nichts ändern.

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