Who needs paradise?

Als Emile Zola 1884 seinen Roman „Au Bonheur des Dames“ veröffentlicht, ist das große Vorbild für seinen Protagonisten Octave Mouret bereits seit sieben Jahren tot. Und es wird noch weitere 51 Jahre dauern, bis Woody Allen zur Welt kommt.

Eine nachweisliche Verbindung zwischen Zola und Allen könnten wir heute immerhin über Roman Polanski konstruieren, erscheint doch der französische Schriftsteller in dessen letztem Film „J’accuse“ zumindest als Randfigur auf der Leinwand – und führt uns diese Verfilmung wiederum zu Woody Allen, der sich mit Polanski einen der wenig begehrten, sehr prominenten Plätze auf der Anklagebank der #Metoo-Debatte teilt.

Was Woody und Emile jedoch scheinbar gemeinsam hatten, war ihre Faszination für die Psychologie des Konsums: „Natürlich gibt es eine jenseitige Welt. Die Frage ist nur: wie weit ist sie von der Innenstadt entfernt, und wie lange hat sie offen?“ Dieses Zitat des bekannten Stadtneurotikers liest sich in Zeiten des großen Innenstadt- und Kaufhaussterbens zugegeben doppelt bitter. Sind sie also endgültig vorbei, die glorreichen Zeiten der großen Warenhäuser? Liegt es im Sterben, das „Paradies der Damen“? Oder hat er noch eine Zukunft, dieser eine magische Ort, wo – während der Öffnungszeiten – alle Wünsche in Erfüllung gehen?

Und hier schließt sich auch der Kreis zu Octave Mouret aka Aristide Boucicaut, hinlänglich bekannt als Pionier des modernen Kaufhauses. Inklusive gewisser Benefits wie Unterstützungen für Witwen und Waisen beim Tod eines Arbeiters nach fünf Jahren Betriebszugehörigkeit – Chapeau!

Erfindungsreichtum

Inspiriert von der Weltausstellung in Paris 1855, die fünf Millionen Menschen besuchten und auf der unter anderem eine Medaille für Kölner Hustenbonbons vergeben wurde, begann Boucicaut, sein Geschäft in der hübschen und zentralen Pariser Rue de Sèvres zu einem kleinen Imperium aufzubauen und mit ihm den Grundstein für eine völlig neue Welt des (Ein-)Kaufens zu legen.

Der findige Normanne inventierte dann auch gleich noch das Versandgeschäft via Katalog, und zwar bereits 1865 – bevor Arcandor-Quelle 2009 mit seiner Insolvenz das offizielle Ende der Versandhandel-Ära antizipierte.

Was kommt als Nächstes?

Während Ikonen wie Le Bon Marché, seines Zeichens ältestes und zeitweise größtes Kaufhaus der Welt – für dessen Konstruktion ganz nebenbei mehr Eisen benötigt wurde als für den Bau des Eiffelturms – nach wie vor im Glanz seiner prächtigen Historie und der noch prächtigeren Fassade Besucher*innen und Kaufrauschsüchtige aus aller Welt anzieht, hat die Galeria Kaufhof Karstadt GmbH trotz neuem Logo Ende des letzten Jahres erneut Insolvenz angemeldet.

Kaufhaus ist eben nicht gleich Kaufhaus. Und Erfurt nicht Paris. Neben Concept-, Flagship- und Pop-up-Stores werden sich die großen Unternehmer*innen sicherlich auf Dauer noch mehr einfallen lassen müssen, um den Glanz und den Komfort in die Einkaufsstraßen dies- und jenseits der Seine zurückzubringen.

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